Nicht selten stoßen die BMV-Rechtsberater nach einer Modernisierung bei der Überprüfung der Mieterhöhung auf auffallend hohe Baukosten. In solchen Fällen empfehlen sie die Einschaltung eines Gutachters. Der unterzieht die gesamte Schlussabrechnung einer gründlichen Prüfung. Die Kosten dafür amortisieren sich fast immer.
Der beauftragte Ingenieur schaut sich sämtliche Rechnungen und Unterlagen eines Modernisierungsvorhabens an und überprüft beispielsweise, ob bei den Materialien marktübliche Preise zugrunde gelegt wurden oder ob die Architektenhonorare angemessen sind. Mitunter tauchen in den Rechnungen Leistungen auf, die gar nicht erbracht wurden. So stellte sich beispielsweise in einem überprüften Fall heraus, dass beim Heizungseinbau statt der angegebenen 500 Meter Kupferrohr nur 100 Meter verbaut worden waren.
„Ich nehme immer zuerst eine kurze Plausibilitätsprüfung vor und kann den Mietern dann sagen, ob sich eine ausführliche Untersuchung lohnt“, erklärt Ingenieur Klaus-Uwe Wöllert. In der Regel schließen sich mehrere Hausbewohner zusammen und tragen die Kosten für das Gutachten gemeinsam. „Wichtig ist, dass ich mir den Zustand von Fassade und Fenstern vor Beginn der Bauarbeiten anschauen kann“, erklärt er. Denn ganz entscheidend ist die Frage, wie hoch der Instandhaltungsanteil ist, der von den Modernisierungskosten abgezogen werden muss. Die pauschale Behauptung, an der Fassade sei seit 40 Jahren nichts gemacht worden, habe vor Gericht keinen Bestand.
Mit der gutachterlichen Stellungnahme des Ingenieurs samt Fotodokumentation konfrontiert der Rechtsberater des Berliner Mietervereins dann den Vermieter. Einige akzeptieren den Einwand und senken die Modernisierungsumlage. Andere Vermieter lassen es auf einen Rechtsstreit ankommen. In diesem Fall ist das Gutachten ein wichtiges Beweismittel.
Die Kosten für das Gutachten können sich wie in einem im MieterMagazin beschriebenen Fall (MieterMagazin 7+8/09, Seite 7: Nachrechnen lohnt sich) sehr schnell amortisieren. Dort sparen die Mieter jeden Monat zwischen 30 und 65 Euro. Es kann aber auch Jahre dauern, bis die Ausgabe „abgewohnt“ ist. In einigen Fällen ist es auch möglich, sich die Ausgaben in Form von Schadensersatz beim Vermieter zurückzuholen, etwa wenn nachweislich falsch abgerechnet wurde.
Birgit Leiß
Dipl.-Ing. Klaus-Uwe Wöllert
Telefon 614 86 55, Fax 616 28 606,
E-Mail: gutachten@ku-woellert.de
Bevor ein Sachverständiger hinzugezogen wird, sollte eine juristische Überprüfung durch den Mieterverein stattgefunden haben. Für den ersten Vorabcheck muss man mit rund 150 Euro rechnen, ein Gutachten kostet zwischen 250 und 1000 Euro, im Einzelfall auch mehr.
MieterMagazin 7+8/10
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02.01.2018