In Sachen Mietrecht kursieren eine Menge Mythen, Gerüchte und Halbwahrheiten. Einige werden von einer Mietergeneration zur anderen weitergegeben und am Ende weiß niemand mehr, wie die Legende eigentlich entstanden ist. Das Mietrecht ist kompliziert. Wer sich auf irgendwelche Auskünfte aus Internetforen verlässt, ist nicht selten der Dumme.
Das MieterMagazin räumt nun damit auf: Wir sagen Ihnen, welche Märchen Sie am besten ganz schnell vergessen sollten.
Mit folgenden Märchen und Legenden räumt dieser Artikel auf:
- Märchen Nr. 1: Der Vermieter muss Herd und Spüle stellen.
- Märchen Nr. 2: Bei Neuvermietung darf die Miete
um maximal zehn Prozent steigen. - Märchen Nr. 3: Wer bei Einzug renoviert,
muss beim Auszug nichts machen. - Märchen Nr. 4: Man darf ohne Erlaubnis des Vermieters
den Lebensgefährten in die Wohnung aufnehmen. - Märchen Nr. 5: Mietminderung muss man
vom Vermieter genehmigen lassen. - Märchen Nr. 6: Einmal im Monat darf man lautstark
bis zum frühen Morgen feiern. - Märchen Nr. 7: Wenn der Vermieter lange Zeit etwas duldet,
entsteht daraus ein Gewohnheitsrecht. - Märchen Nr. 8: Ich darf meine Mietwohnung
als Ferienappartement vermieten. - Märchen Nr. 9: Der Vermieter muss alle Mieter gleich behandeln.
- Märchen Nr. 10: Wenn die Wohnung verkauft wird,
hat man ein Vorkaufsrecht. - Märchen Nr. 11: Ich kann per Fax oder E-Mail kündigen.
- Märchen Nr. 12: Wenn ein Untermieter dreimal die Miete überwiesen hat, ist er automatisch in den Hauptmietvertrag eingetreten.
- Märchen Nr. 13: Wenn man drei Nachmieter stellt,
ist man aus dem Mietvertrag raus. - Märchen Nr. 14: Man darf die Kaution abwohnen.
- Märchen Nr. 15: Kinder dürfen die Wohnung ihrer Eltern übernehmen.
Märchen Nummer 1:
Der Vermieter muss Herd und Spüle stellen.
Ilse Waldheimer will aus dem Freiburger Umland nach Berlin ziehen. Ihren nagelneuen Induktionsherd beabsichtigt sie nicht mitzunehmen, sondern an Freunde zu verkaufen. „In Berlin muss in jeder Wohnung Herd und Spüle vorhanden sein“, haben ihr Berliner Freunde versichert.
Richtig ist: In Berlin muss eine Mietwohnung – anders als in vielen anderen Bundesländern – mit einer Kochgelegenheit und einem Ausguss ausgestattet sein. Grundlage dafür ist das Berliner Wohnungsaufsichtsgesetz. Doch ein einfacher Campingkocher oder zwei Kochplatten reichen aus, keinesfalls hat man Anspruch auf einen Herd mit Backofen oder eine Edelstahlspüle.
Märchen Nummer 2:
Bei Neuvermietung darf die Miete um maximal zehn Prozent steigen.
Erich Riese kann wahrscheinlich die Wohnung eines Bekannten übernehmen. Weil der sehr lange in der Wohnung gelebt hat, ist die Miete erfreulich günstig. „Mehr als zehn Prozent darf der Vermieter nicht draufschlagen“, weiß der Bekannte aus sicherer Quelle.
Schön wär’s, doch leider darf der Vermieter die Miete verdoppeln oder verdreifachen, ganz wie es ihm beliebt beziehungsweise was der Markt hergibt. Eine wirksame gesetzliche Beschränkung gibt es – abgesehen von Sozialwohnungen – nicht. Auch der Mietspiegel tut hier nichts zur Sache, er greift nur bei bestehenden Mietverhältnissen. Zwar gilt eine Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent nach dem Wirtschaftsstrafgesetz als Mietpreisüberhöhung, allerdings nur in Kommunen, wo ein geringes Angebot an vergleichbaren Räumen zu Lasten des Wohnungssuchenden ausgenutzt wird. Da der Berliner Wohnungsmarkt schon seit einiger Zeit als entspannt gilt, fehlt es an dieser Voraussetzung.
Die Mär von der Zehn-Prozent-Begrenzung hat einen historischen Ursprung. Nach Aufhebung der West-Berliner Mietpreisbindung im Altbau existierte noch bis Ende 1991 eine Übergangsregelung, wonach die Miete bei einer Neuvermietung um maximal zehn Prozent angehoben werden durfte. In Ost-Berlin galt bis 1995 das Mietenüberleitungsgesetz, das die Mietsteigerung bei Mieterwechsel auf 15 Prozent begrenzte.
Achtung: Neue Rechtslage ab 1. Juni 2015 – die Mietpreisbremse
Märchen Nummer 3:
Wer bei Einzug renoviert, muss beim Auszug nichts machen.
Monika Dornbusch muss ihre neue Wohnung komplett renovieren. Wochenlang streicht sie Wände, Türen und Fenster und schleift die Dielenböden ab. „Dafür muss ich beim Auszug nichts machen„, tröstet sie sich.
Irrtum! Wenn das nicht ausdrücklich mit dem Vermieter vereinbart wurde, hat Monika Dornbusch sozusagen freiwillig renoviert. Das heißt: Wenn ihr Mietvertrag eine wirksame Renovierungspflicht vorsieht, muss sie bei Auszug nochmals zum Pinsel greifen. Etwas anderes gilt nur, wenn ihr per Mietvertrag die Übernahme der laufenden Schönheitsreparaturen und die Anfangsrenovierung aufgebürdet wurden. Eine solche Klausel ist in der Tat nicht zulässig.
Märchen Nummer 4:
Man darf ohne Erlaubnis des Vermieters den Lebensgefährten in die Wohnung aufnehmen.
Diana von Lichtenberg hat sich verliebt, ihr neuer Freund will zu ihr in die Wohnung ziehen. Den Vermieter informiert sie erst gar nicht darüber, schließlich sei doch allgemein bekannt, dass er das nicht verbieten kann.
Für die Aufnahme des Partners – egal ob gleich- oder andersgeschlechtlich – braucht man die Erlaubnis des Vermieters. Anders als Ehepartner gelten Lebensgefährten nämlich rechtlich gesehen als Dritte. Als Mieter ist man grundsätzlich nicht berechtigt, seine Wohnung ohne Erlaubnis des Vermieters an Dritte zu überlassen. Auf die Erteilung der Erlaubnis hat man aber in der Regel einen Anspruch. Nur wenn der Vermieter wichtige Gründe vorbringen kann, insbesondere wenn die Wohnung dadurch überbelegt würde, kann er die „wilde Ehe“ unterbinden.
Aufnahme eines Lebensgefährten.
Märchen Nummer 5:
Mietminderung muss man vom Vermieter genehmigen lassen.
Diana von Lichtenberg und Enno Einhorn haben im Bad Schimmel entdeckt, zudem funktioniert ein Heizkörper nicht richtig. „Wir könnten beim Vermieter Mietminderung beantragen“, schlägt Enno Einhorn vor.
Mietminderung muss man nicht beim Vermieter „anmelden“ oder „beantragen“. Es ist ein Recht, das jedem Mieter zusteht, ganz gleich was im Mietvertrag steht: Solange ein erheblicher Mangel vorliegt, darf man weniger Miete zahlen. Wichtig ist nur, dass man den Mangel schriftlich meldet, denn der Vermieter muss natürlich die Möglichkeit haben, Abhilfe zu schaffen. Geltend machen kann man die Mietminderung ab dem Zeitpunkt, an dem der Vermieter Kenntnis von dem entsprechenden Mangel hat. Ob er die Minderung akzeptiert oder nicht, ist unerheblich.
Gleichwohl sind viele Mieter beruhigt, wenn der Vermieter die Höhe der Kürzung anerkennt. Um spätere gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, kann es durchaus sinnvoll sein, sich auf einen Betrag zu einigen.
Vorsicht vor Mietminderungstabellen aus dem Internet! Solche Tabellen bieten allenfalls eine grobe Orientierung, das genaue Vorgehen sollte mit einem Mietrechtsberater abgestimmt werden. Gemindert wird immer von der Warmmiete – was sich auch bei vielen Vermietern noch nicht herumgesprochen hat.
Übrigens spielt es keine Rolle, ob der Vermieter für den Mangel verantwortlich ist. Auch bei Lärm von einer benachbarten Großbaustelle darf die Miete gekürzt werden.
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Märchen Nummer 6:
Einmal im Monat darf man lautstark bis zum frühen Morgen feiern.
Familie Geißler will ihre neue Wohnung mit einer zünftigen Einweihungsparty feiern. „Einmal im Jahr darf man es so richtig krachen lassen“, haben sie im Internet gelesen.
Ein Klassiker unter den Mietrechtsmärchen. Doch nach der Hausordnung und nach dem Landesimmissionsschutzgesetz gilt ausnahmslos eine Nachtruhe von 22 bis sechs Uhr morgens. In dieser Zeit muss auf jeden Fall Zimmerlautstärke eingehalten werden. Ein Sonderrecht, etwa die Hochzeit, das Examen oder ähnliche Anlässe ohne Rücksicht auf die Nachbarn zu feiern, gibt es nicht. Zwar wird kaum jemand auf die Idee kommen, an Sylvester um 23 Uhr die Polizei zu rufen, dennoch gilt die Nachtruhe an 365 Tagen im Jahr.
Märchen Nummer 7:
Wenn der Vermieter lange Zeit etwas duldet, entsteht daraus ein Gewohnheitsrecht.
Enno Einhorn stellt seit Jahren sein Moped auf dem Hof ab. Nun fordert ihn der Vermieter plötzlich auf, das zu unterlassen. „Das darf er doch gar nicht, das ist schließlich mein Gewohnheitsrecht!„, empört er sich.
Auch wenn der Vermieter jahrzehntelang damit einverstanden war, dass man sein Schuhschränkchen ins Treppenhaus gestellt hat oder die Wäsche auf dem Dachboden trocknet: Wenn es nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde, kann er dies ohne Angabe von Gründen jederzeit untersagen. Juristisch gilt dies als „unentgeltliche Leihe“, die der Vermieter jederzeit zurückverlangen kann. Ein Gewohnheitsrecht des Mieters gibt es im Mietrecht – hartnäckigen Gerüchten zum Trotz – nicht. Zwar können Verträge auch mündlich geschlossen werden. Allerdings reicht es nicht, wenn der Vermieter einmal gesagt hat: „Sie dürfen Ihr Moped hier abstellen.“ Man muss es nachweisen können, also etwa, wenn er vor Zeugen gesagt hat: „Dies ist Ihr Abstellplatz.“
Märchen Nummer 8:
Ich darf meine Mietwohnung als Ferienappartement vermieten.
Ilse Waldheimer ist öfter beruflich unterwegs, ihre gut ausgestattete Wohnung in schöner Umgebung steht oft wochenlang leer. „Warum vermietest Du sie nicht an Touristen, das machen doch alle“, meint ein Kollege.
Zugegeben, eine verlockende Möglichkeit, Geld zu verdienen. Bei Tagespreisen von 60 bis 90 Euro hat man in Nullkommanix die ganze Monatsmiete raus, und das praktisch ohne Aufwand. Doch Vorsicht! Wer seine Wohnung ohne Zustimmung des Vermieters weitervermietet, riskiert eine Kündigung wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung. Zwar darf man bis zu sechs Wochen ohne Erlaubnis Gäste beherbergen, allerdings nur, wenn der Besuch dafür nicht zahlen muss.
Zudem droht Ärger mit dem Finanzamt, falls man die Mieteinnahmen nicht ordnungsgemäß versteuert. Das Risiko, dass verärgerte Nachbarn dem Vermieter oder dem Finanzamt einen Tipp geben, ist nicht zu unterschätzen.
Mehr Informationen zum Thema "Zweckentfremdung von Wohnraum" (Mai 2016):
Märchen Nummer 9:
Der Vermieter muss alle Mieter gleich behandeln.
Erich Riese hat eine Mieterhöhung bekommen – als Einziger im Haus, wie er im Gespräch mit Nachbarn erfuhr. „Das ist doch ungerecht, ich zahle sowieso schon mehr Miete als die anderen“, ärgert er sich.
Einen Gleichheitsgrundsatz gibt es im Mietrecht nicht. Der Vermieter darf beispielsweise einer Mietpartei die Hundehaltung oder die Untervermietung erlauben und allen anderen nicht. Häufig existieren in einem Mietshaus auch völlig unterschiedliche Miethöhen für gleichwertige Wohnungen. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden.
Märchen Nummer 10:
Wenn die Wohnung verkauft wird, hat man ein Vorkaufsrecht.
Diane von Lichtenberg entdeckt im Internet, dass ihre Wohnung zum Verkauf angeboten wird. „Wieso wird mir das nicht gesagt, schließlich habe ich ein Vorkaufsrecht„, wundert sie sich
Kommt darauf an. Wenn die Wohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde und zum ersten Mal verkauft wird, hat der Mieter tatsächlich ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Ist er dagegen schon in eine vermietete Eigentumswohnung gezogen und diese wechselt nur den Besitzer, gilt das nicht. Das Vorkaufsrecht greift auch dann nicht, wenn der Vermieter die Wohnung an einen Familienangehörigen veräußert oder wenn er sie verschenkt.
Märchen Nummer 11:
Ich kann per Fax oder E-Mail kündigen.
Familie Geißler hat eine bessere Wohnung gefunden und beschließt, zu kündigen. Da bereits der 30. des Monats ist, muss es schnell gehen, sonst verlängert sich die Kündigungsfrist um einen weiteren Monat. „Am besten schicken wir ein Fax“, denken sie sich.
Die modernen Kommunikationsmittel sind ungemein praktisch, doch in diesem Fall muss es der gute, alte Brief sein. Das Gesetz verlangt nämlich eine eigenhändige Unterschrift. Daher sind Kündigungsschreiben per Fax oder E-Mail nach wie vor unwirksam. Das gleiche gilt natürlich auch umgekehrt für die Kündigung durch den Vermieter.
Übrigens ist dies kein alter Zopf aus dem vergangenen Jahrtausend, sondern wurde in der Mietrechtsreform von 2001 nochmals bestätigt.
Märchen Nummer 12:
Wenn ein Untermieter dreimal die Miete überwiesen hat, ist er automatisch in den Hauptmietvertrag eingetreten.
Der Untermieter von Erich Riese würde die Wohnung gern übernehmen, leider stellt sich der Vermieter quer. Riese kennt einen Trick: „Du überweist einfach dreimal die Miete unter Deinem Namen und schon bist Du Hauptmieter.“
Auch dies gehört ins Reich der Märchen. Dem Vermieter gegen seinen Willen einen neuen Mieter aufzuzwingen, funktioniert praktisch nie. Nur dadurch, dass der Vermieter die Mietzahlung durch den Untermieter akzeptiert, wird dieser nicht zum Hauptmieter. Die einzige Chance wäre, dass der Vermieter künftig den Schriftwechsel nur noch mit dem Untermieter führt und sich beispielsweise bei Mieterhöhungen oder Betriebskostenabrechnungen nur noch an den Untermieter wendet.
Märchen Nummer 13:
Wenn man drei Nachmieter stellt, ist man aus dem Mietvertrag raus.
Maria Punzel hat bereits zum nächsten Ersten eine neue Wohnung angemietet, bei der alten Wohnung hat sie eine Kündigungsfrist von drei Monaten. „Ich zahle doch nicht drei Monate doppelt Miete – ich suche mir einfach drei Nachmieter“, meint sie.
Auch dieses Gerücht ist einfach nicht auszurotten. Fakt ist: Eine Kündigungsfrist von drei Monaten muss der Mieter in jedem Fall einhalten. Zum Tragen käme die Sache mit den Nachmietern also ohnehin nur, wenn man noch länger als drei Monate vertraglich gebunden wäre – beispielsweise durch einen Zeitmietvertrag. Aber: Abgesehen von den wenigen Fällen, in denen eine Nachmieterklausel im Mietvertrag steht, muss sich der Vermieter darauf nicht einlassen. Ausnahmen gelten lediglich, wenn sich der Mieter auf Härtegründe berufen kann, etwa wenn er ins Altersheim muss, wenn er aus beruflichen Gründen in eine andere Stadt zieht oder wenn die Wohnung durch Heirat oder Familienzuwachs zu klein wird. In diesen Fällen muss der Vermieter ausnahmsweise einen geeigneten Nachmieter akzeptieren, wobei dann aber einer ausreicht.
Märchen Nummer 14:
Man darf die Kaution abwohnen.
Aufgrund einschlägiger Erfahrungen mit seinem Vermieter befürchtet Richard Eisenbart, dass er seiner Kaution jahrelang nachrennen muss. „Ich zahle die letzten drei Monate einfach keine Miete mehr“, beschließt er.
Eine weit verbreitete Unsitte, die nicht ohne Risiken ist. Wenn der Vermieter Eisenbart auf Zahlung der Mieten verklagt, drohen hohe Prozesskosten. Die Kaution ist eine Sicherheitsleistung und dient dem Vermieter als Faustpfand, wenn zum Beispiel die Wohnung Schäden aufweist oder wenn die vereinbarten Schönheitsreparaturen nicht gemacht wurden. Deshalb ist ein Aufrechnen mit den letzten Monatsmieten nicht zulässig.
Märchen Nummer 15:
Kinder dürfen die Wohnung ihrer Eltern übernehmen.
Monika Dornbuschs Sohn will nach Berlin ziehen. Dass die Wohnung seiner Mutter frei wird, kommt ihm gerade recht. „Als Sohn habe ich schließlich einen Anspruch darauf, die Wohnung zu übernehmen“, meint er.
Dornbusch junior irrt. Prinzipiell haben Kinder (oder Eltern) nicht das Recht, in den Mietvertrag ihrer Angehörigen einzutreten. Anders sieht es im Todesfall aus. Stirbt ein Mieter, geht das Mietverhältnis automatisch auf den überlebenden Partner oder – wenn der Mieter allein gelebt hat – auf den Erben über. Hat der Erbe in der Wohnung gelebt, kann er das Mietvertragsverhältnis fortsetzen. Hat er nicht dort gelebt, ist es dem Vermieter möglich, den Vertrag zu kündigen (mit einfacher (dreimonatiger) Frist).
Birgit Leiß
Wie kommt Recht zustande?
Häufig wollen Mieter wissen, ob sie nach dem Gesetz zur Renovierung verpflichtet sind oder wo geschrieben steht, wie viele Stunden Klavier man am Tag spielen darf. Doch viele mietrechtliche Fragen sind gar nicht durch Paragraphen geregelt. Zwar ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zweifellos die „Bibel des Mietrechts“ – wichtige Rahmenbedingungen des Mietverhältnisses, von Mieterhöhungen über Mängelbeseitigung bis hin zu Kündigungsfristen sind hier festgehalten.
Doch genauso wichtig ist der Blick in den Mietvertrag. Was dort steht, ist in der Regel bindend, wobei bestimmte Rechtsvorschriften nicht zum Nachteil des Mieters verändert werden dürfen. Beispielsweise kann das Recht auf Mietminderung nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Das gilt aber nicht für alle Bereiche. Bekanntes Beispiel: Laut BGB sind die Schönheitsreparaturen Sache des Vermieters, dennoch werden sie in den meisten Mietverträgen dem Mieter überbürdet.
Neben dem BGB und dem Mietvertrag gibt es noch eine dritte, wichtige Quelle des Mietrechts: die Rechtsprechung. Durch Urteile von Amts-, Land- und Oberlandesgerichten werden die Gesetze konkretisiert und auf den Einzelfall angewendet. Häufig widersprechen sich die Urteile. Nicht umsonst gibt es den Kalauer „Zwei Juristen, drei Meinungen“. Für viele Mieter ist schlicht nicht nachvollziehbar, wieso das eine Gericht bei einer eingerüsteten Fassade fünf Prozent Mietminderung für zulässig hält und ein anderes 20 Prozent. Dazu muss man wissen, dass für Berliner Mieter Entscheidungen des Landgerichts München oder gar Amtsgerichtsurteile aus dem ländlichen Raum im Grunde wenig Belang haben. Entscheidend ist vor allem die Berliner Rechtsprechung und die kann sich mitunter deutlich von der anderer Gerichte in der Republik unterscheiden.
Rechtlich bindend und zwar bundesweit sind allerdings die Urteile des Bundesgerichtshofs, der obersten Instanz in Sachen Mietrecht. Zudem gibt es bei Juristen einen heiligen Grundsatz, der da lautet: Es kommt immer auf den Einzelfall an. Ob der Richter eine Stunde oder vier Stunden Klavierspielen am Tag für zumutbar hält, hängt unter anderem davon ab, wie hellhörig die Wohnung ist, ob der lärmgeplagte Nachbar bettlägerig oder ob er den ganzen Tag außer Hauses ist.
Und schließlich darf man eins nicht vergessen: Auch Richter sind nur Menschen.
bl
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MieterMagazin 4/09
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Eike Marcus
04.06.2022